Konstantia Gourzi, Künstlerische Leitung des ensemble oktopus


Konstantia Gourzi studierte in Athen und Berlin Klavier, Komposition und Dirigieren und ist Gründerin des Ensembles attacca berlin. 1999 bis 2007 übernahm sie den Aufbau und die künstlerische Leitung des ensemble echo in Berlin und gründete 2002 an der Hochschule für Musik und Theater München das ensemble oktopus für musik der moderne, wo sie als Professorin lehrt. Ihre Dirigate mit den verschiedensten Orchestern führen sie immer wieder zu wichtigen Festivals Europas und Israels. Ihre Kompositionen – darunter auch Film- und Theatermusik – werden in Europa, Amerika, Japan und Israel aufgeführt. Sie ist Initiatorin und Spiritus Rector des im Jahr 2007 gegründeten Netzwerkes und Ensembles opus21musikplus, das zahlreiche internationale zeitgenössische, interdisziplinäre Musik- und Kunstprojekte erfolgreich produziert hat. CD-Aufnahmen mit Konstantia Gourzi als Komponistin und Dirigentin sind bei NEOS, NAXOS, Sony Classical und ECM erschienen.





Was möchten Sie mit dem ensemble oktopus erreichen?

Als ich das ensemble oktopus im Jahr 2002 an der Hochschule gegründet hatte, hatte ich erst einmal den Wunsch, den jungen Musikern die Selbstverständlichkeit der Neuen Musik beizubringen und dass diese nach und nach innerhalb der Hochschule und in München
verbreitet wird. In dieser Zeit war das Thema Neue Musik in München eher auf wenige etablierte Reihen begrenzt und in der Hochschule wurde sie kaum gespielt. Innerhalb von drei Jahren war diese Selbstverständlichkeit da und mittlerweile ist es kein Tabu mehr, Neue Musik in der Hochschule zu spielen. Natürlich ist es auch wichtig, dass Neue Musik mit dem Herzen und mit Begeisterung gespielt wird. Diese Aufgabe findet - Gott sei Dank - nie ein Ende!

Wie wählen Sie die Werke aus, die das Ensemble spielt?

Ein Programm auswählen ist wie Komponieren. Ich sehe verschiedene Partituren durch, sammle Ideen und bringe dann die ausgewählten Stücke zusammen, als ob es im Konzert um einen neues gesamtes Stück geht. Es ist mir auch wichtig, Themen-Konzerten zu entwickeln und gezielt dafür Kompositionen zu suchen. Bis heute haben wir im Laufe der Jahre noch nie das gleiche Stück ein zweites Mal gespielt! Ich möchte gerne immer etwas Neues anbieten und möglichst viele Komponisten spielen und präsentieren. So kommen auch lebende Komponisten während der Probenphasen zu uns und die jungen Musiker erleben mit ihnen einen zeitgenössischen Austausch.  sehr oft entstehen hochspannende Dialoge, die für ihre Laufbahn sehr wichtig sein können.

Was fasziniert Sie an Neuer Musik?

Es macht mich neugierig, die Menschen - Komponisten, Interpreten und Publikum - auf eine andere Art kennenzulernen: Die Neue Musik ist ein Spiegel von heute: man erlebt die Charaktere, die Politik, das soziale Verhalten, die gesamte Haltung. Das alles auch durch Musik beobachten zu dürfen, ist ein Privileg, ein Geschenk, eine Heraus-forderung für das Bewusstsein. Neue Musik ist ein Ausdruck des Jetzt und mit ihr können wir die musikalische Fantasie für das Morgen erwecken; sonst scheint mir, dass wir im „Musik-Betrieb“  oft nur die Vergangenheit wiederholen.

Wie wichtig ist ein früher Kontakt mit Neuer Musik für Studierende?

Der Kontakt mit Neuer Musik sollte so früh wie möglich sein. Das Problem der Neuen Musik sind nicht die „schrägen Klänge“ sondern die Konditionierung durch die „schönen alten Klänge“. Eine Melodie war und bleibt wichtig für den Menschen; nur wie diese Melodie präsentiert wird, ist eine Frage, die auch mit der Zeit zu tun hat. Die Schönheit der Musik ist in jeder Zeit und jeder musikalischen Richtung zu finden oder nicht zu finden, auch in der Neuen Musik! Man braucht sicherlich am Anfang mehr Geduld und Neugier, weil die Hörgewohnheiten der „klassischen“ Musik uns so stark geprägt haben.

Welche Ziele verfolgen Sie mit dem ensemble oktopus?

Die Begeisterung zu vermitteln, dass man auch mit Neuer Musik musikalisch wachsen, die Fantasie entwickeln und damit auch viel Freude haben und geben kann.


Das Interview mit Prof. Konstantia Gourzi führte Johanna Weißgerber